Wie lehrt man Kommunikation in Corona-Zeiten?

19. Januar 2022

Ein Jahresrückblick des Kommunikationspsychologiemasters Human Communication (M.A.)

Zugegeben, unser Studiengang ist von der Corona-Pandemie unmittelbar betroffen. Denn eigentlich reist die Studierendengruppe einmal in Monat nach Dresden von Donnerstag bis Sonntag – denn das Zuhören, Verstehen, Diskutieren und Anwenden macht in dieser bunt gemischten kleinen Gruppe vor Ort im Dresdner Seminarraum mit Kaffeeautomat und Meeting Points einfach am meisten Spaß. Ganz abgesehen von den Pausengesprächen und Abendgestaltungen. Und doch mussten 2021 von den 12 Präsenzen 8 online stattfinden. Das ging erstaunlich gut, obwohl alle Studierenden das Fazit gezogen haben, dass eine regelmäßige Präsenz in unserem Studiengang unabdingbar ist. 

DIUnited Stresstest Corona

Der erste Jahreshöhepunkt fand Anfang Juli statt. Prof. Dr. Wolfgang Frindte war in dem neuen DIU-Online-Austauschformat für Studierende und Alumni – DIUnited zum Thema Stresstest Corona eingeladen worden. Jeder aus der DIU Community konnte teilnehmen und der sozialpsychologischen Einordnung von Prof. Frindte lauschen und im Anschluss mit ihm diskutieren. Vieles, das man intuitiv an sich und seinem Umfeld wahrgenommen hatte, konnte man nun noch einmal aus einer übergeordneten Perspektive betrachten und verstehen.

Ebenfalls im Juni konnte der Studiengang endlich wieder in den Seminarraum zurückkehren, was wir mit einem Terrassenumtrunk gefeiert haben: 

HC Umtrunk Terasse

Die September-Präsenz – der Start des Wintersemesters – ist immer der Jahreshöhepunkt im HC Studium. Immer am letzten Septemberwochenende findet unser Symposium und eine Studiengangsfeier im Kulturkraftwerk Mitte statt. 2021 haben wir Frank Richter zudem an diesem Festwochenende zum Expertenabend eingeladen. Der Kreis der geladenen Gäste ist groß: Er besteht aus vielen Studierenden, Referierenden und aus weit über100 inzwischen flügge gewordenen Alumni, die über das ganze Land den HC-Spirit verteilen. Wer interessiert ist, hier finden Sie eine Nachlese der drei Veranstaltungen.

Frank Richter zu Gast an der DIU und unser erster Live-Stream

Hier den Livestream nachschauen!

In diesem Jahr wurde das Familienfest mit einem Expertenabend eröffnet. Prof. Frindte begrüßte als Moderator des Abends zwei Tage vor der Bundestagswahl den Theologen, Bürgerrechtler und Politiker Frank Richter, der trotz eines weiteren harten Wahlkampftages keine Ermüdungserscheinungen zeigte und fast zwei Stunden einen persönlichen, berührenden, vielschichtigen, aber vor allem sehr lebensweisen Vortrag hielt. Oder war es schon fast eine Predigt? Das Gespräch haben wir auf Youtube live gestreamt – eine DIU-Premiere!

Frank Richter sprach über das Fundament unserer Demokratie: den Willen zur Verständigung. Ein Fundament, das die Demokratie selbst nicht garantieren kann. Eng damit verbunden ist die Fähigkeit zur Ambiguität – d.h.. Mehrdeutigkeiten auszuhalten. Demokratie endet, wo der Wille zur Mehrdeutigkeit endet, so Frank Richter. Hier klingen nur zwei wichtige Gedanken des knapp zweistündigen Abends an, die alle im Video nachgeschaut werden können. Der Vortrag enthält viele Buchtipps, Tools, persönliche Anekdoten mit großer zeitgeschichtlicher Bedeutung, theologische Reflektionen und wunderbare Lebensweisheiten wie „Erkenntnis ist reflektierte Erfahrung.“ Oder „Erziehung ist Beziehung“ oder „Echokammern gab es immer“. Frank Richter schließt positiv „Der Mensch will, reden, hören, verstehen, die Frage ist nur wie?“ (Hier zwei Literaturtipps aus dem Vortrag: Thomas Bauer: Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt sowie Thomas Bauer: Die Kultur der Ambiguität. Eine andere Geschichte des Islams).

Ein Tag voller HC-Erkenntnisse

Dann folgte ein Tag Symposium – wobei der Name irreführend ist. Das Programm können Sie hier nachlesen. Denn im überschaubaren Kreis von 25 Teilnehmern konnte man sich gut kennenlernen (durch ein Kommunikationsbingo angeleitet von HC Alumni Elisabeth Hahn unterstützt), aber es gab auch viele interessante und spannende Vorträge – wie vom Studiengangsleiter Prof. Dr. Bock (Kommunikation oder Trennukation?! – in unserem You-Tube-Kanal können Sie hier den Vortrag nachhören). Es folgte ein sehr nachdenklich stimmender Impulsvortrag von Dr. Jörg Heidig (Ist mehr Freiheit immer besser?) ausgehend von dem Gedanken über Freiheit, die sich, so der Referent, wie eine umgekehrte U-Kurve verhält. Hier sei beispielhaft ein Blog-Artikel von Jörg Heidig verlinkt, der einen weiteren sehr aktuellen Aspekt seines Vortrages vertieft: wie Führungskräfte mit polarisierenden politischen Diskussionen bis zu extremistischen Äußerungen am Arbeitsplatz umgehen können.

Dann berichtete Christoph Oberemeier, Leiter Themenmanagement des Flughafens München, und selbst in Görlitz studierter Kommunikationspsychologe, welche einschneidenden Veränderungen der Flughafen München durch Corona durchlebt hat, als einer der fünf großen europäischen Drehkreuze, der bis dato wirtschaftlich stetig gewachsen ist und vor Corona über die Hälfte des Umsatzes außerhalb des Fluggeschäftes erwirtschaftet hat. Ein Flughafen oder sagen wir besser eine „Brauerer mit Startbahnanbindung“, so umfangreich und komplex wie eine Stadt, in der nur der Friedhof fehlt. Corona hat einen kolossalen Absturz bewirkt. Was auch die Unternehmenskommunikation grundlegend geändert hat – vor allem die Orientierungserwartung der eigenen Mitarbeiter war plötzlich immens hoch. Eingespielte Printprodukte haben plötzlich den Veränderungszyklen nicht mehr Stand gehalten. Völlig neuer Content, neue Formate und Abstimmungsprozesse mussten geschaffen werden. Und eines steht fest, so Obermeier: Es wird anders als vorher und professionelle Kommunikationspsychologen sind bei diesem Prozess der Umgestaltung unglaublich gefragt.

Das letzte Referat steuerte Dr. med. Eric Hempel bei, der ärztliche Direktor des Klinikum Görlitz, der seit fast 30 Jahren als Arzt tätig ist und an der DIU HC studiert hat. Er sprach nicht nur über den Wert von einem kommunikationspsychologischem Grundverständnis für den Arztberuf in Form von einer gelungenen Arzt-Patientenkommunikation und Angehörigengesprächen. Er erörtert, warum rein betriebswirtschaftliches Denken sowie Steuerprinzipien, die ausschließlich auf messbaren Kennzahlen und Parametern beruhen, bei mittel- und langfristigen Managemententscheidungen in komplexen Systemen Scheinerfolge bzw. ein Scheitern vorprogrammieren, da kommunikationspsychologisches Wissen über Gruppen und menschliches Verhalten immer mitgedacht werden muss.

Dann folgte eine sehr interaktive und amüsante Einheit mit der Poetry Slamerin Stefanie Meschner, die Tricks und Kniffs verriet, wie man zu genialen Slogans wie „Geiz ist Geil“ kommen kann, welche kreativen Techniken dahinter stecken, wie wichtig die Intuition sowie das Assoziieren und Dissoziieren ist, um die kreativen Kanäle freizubekommen. Und vor allem auch wie viel Arbeit hinter den scheinbar einfachen Slogans steckt. 

In der abschließenden Podiumsrunde befragte Dr. Jörg Heidig die HC Absolventin und Dozentin und Kommunikationstrainerin Dr. Stephanie Rohac, was HC in ihrem Leben geändert hat. Das HC-Studium hat für sie damals die Perspektive geändert. Nicht nur durch das neu hinzugewonnene Wissen, auch die im Studium enthaltenden Selbstreflexionen sind auf emotionaler Ebene hochwirksam. Persönliche Veränderungen werden möglich. Bei Stephanie Rohac hat diese Entwicklung zur Promotion über Kultur und individuelle Veränderungskompetenzen geführt. Stephanie Rohac ist schon seit einigen Jahren als Kommunikationstrainerin, Beraterin und Moderatorin selbständig tätig.

Am Abend wurde gefeiert

Zur Studiengangsfeier wurden die neuen Studierenden begrüßt und unsere Studenten verabschiedet, die im Jahr 2021 das HC Studium mit der Masterarbeit erfolgreich abgeschlossen haben. Im Kinosaal des Zentralkinos im Kraftwerk Mitte fand die feierliche Übergabe statt. Zu Beginn gedachten die drei wichtigen DIU Persönlichkeiten Prof. Dr. Achim Mehlhorn, Prof. Dr. Irene Schneider-Böttcher und Dr. Reinhard Kretzschmar unter der Moderation von Prof. Bock den Anfängen des HC Studienganges. Ein Zusammenspiel verschiedenster Faktoren war nötig, um diesen interdisziplinären Pionierstudiengang vor 16 Jahren erfolgreich in Dresden zu starten. Damit war der erste deutsche Kommunikationspsychologie-Masterstudiengang gegründet. Bisher gab es diesen Studiengang nur als Vollzeitbachelorprogramm an der Hochschule Zittau/Görlitz.
Der Abend wurde musikalisch vom Violinen-Gitarren-Duo Bernsteingold – bestehend aus den Musikerinnen Annegret Bernstein und Katja Mangold - stimmungsvoll begleitet.

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